Sie wollen ein Schiff bauen? Dann liegt es nahe, dass Sie sich Holz besorgen, starke Arbeitskräfte anheuern, die ordentlich anpacken und mit dem Werkzeug umgehen können, einen Baumeister engagieren, der einen guten Plan hat … Könnte funktionieren.
Oder: Sie lehren die Männer „die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“ Der Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry empfiehlt, genau diesen Weg zu gehen. Sie kennen das Zitat wahrscheinlich. Denn Männer, die von Abenteuern auf hoher See träumen, bauen Ihnen ein Schiff, weil sie das Ziel „raus aufs Wasser“ verinnerlicht haben. Motivation schlägt Wissen, der Blick fürs Große schlägt das Detail. Das steckt hinter diesem Zitat. Aber funktioniert das auch?
Ein Kunde von mir hat darauf mal geantwortet: „Ohne mich finden die nicht mal den Strand.“ Als Leader haben Sie wahrscheinlich Sympathie oder zumindest Verständnis für seine Sichtweise. Aber liegt das wirklich nur am Team oder nicht auch an der Art, wie wir führen?
Ich habe als Berater und Coach immer wieder die Erfahrung gemacht, dass Menschen vor allem dann Ziele erreichen, wenn sie eine starke innere Motivation haben.
Überlegen Sie mal. Was motiviert Sie mehr? Ein Ziel, das Sie von Ihrem Chef vorgegeben bekommen? Oder ein Ziel, das Sie sich selber setzen? Zum Beispiel die nächste Beförderung noch in diesem Jahr zu schaffen.
Wir Menschen brennen von Natur aus darauf, Ziele zu erreichen. Das geht schon im Kleinkindalter los. Wir krabbeln und robben auf dem Boden herum und sehen unsere Eltern und Geschwister, wie sie stehen, gehen, hüpfen. Und das wollen wir schon bald auch können. Also richten wir uns auf, voller Motivation, das Laufen zu lernen. Wir halten uns an einem Stuhlbein fest, ziehen uns hoch und machen es ihnen nach: Wir setzen einen Fuß vor den nächsten, schwanken, wagen noch ein paar Schritte. Und dann ernten wir: das Lob unserer Eltern! Hurra! Sie feiern unsere Erfolge und bestärken und motivieren uns, weiterzumachen. Deshalb bleiben wir dran, auch wenn wir einmal, zweimal, dreimal auf den Hosenboden plumpsen.
Als Eltern wissen wir intuitiv, dass nur positive Motivation funktioniert. Jeder noch so kleine Erfolg wird gefeiert. Niemand brüllt ein Kleinkind an, weil das mit dem Laufen nicht so richtig klappen will. Und niemand zeigt dem Kleinen, wie das genau funktioniert mit dem Laufen. Das kriegen die schon alleine raus.
Aber dann, im Laufe der Zeit passiert mit uns Menschen etwas Dummes: Wir vergessen diese wunderbare Erkenntnis wieder. Denn immer wieder begegnet mir im Geschäftsleben das pure Gegenteil: Da versuchen Führungskräfte ihre Mitarbeiter mit der Androhung von Sanktionen zur Leistung anzustacheln. Alles geht wieder mal viel zu langsam. „Da muss man nur mal richtig Druck machen, dann läuft das schon.“ Tut es manchmal auch. Aber Sie zahlen dafür einen hohen Preis.
Denn unter Druck ersticken Sie die Initiative, Kreativität und das Mitdenken. Menschen tun unter Druck nur das absolut Notwendige, damit der Druck verschwindet. Und irgendwann findet Ihr Team dann tatsächlich den Strand nicht mehr …
Dabei ist das gegen jede Vernunft bzw. gegen die Erkenntnis der Motivationslehre: Negative Motivation funktioniert in aller Regel nicht.
Die Frage ist nur: Wie kommen wir raus aus dem Dilemma?
Sie haben vielleicht schon mal gehört, dass die Umsetzungswahrscheinlichkeit von Ideen innerhalb der ersten 72 Stunden am höchsten ist. So lange hält in der Regel unsere Begeisterung für eine Idee an. Das ist sogar messbar. Das gilt allerdings ausschließlich für Ideen, auf die wir selber gekommen sind. Denn nur dann haben wir ein sogenanntes „Aha-Erlebnis“, das diese Begeisterung überhaupt erst auslöst. Was machen wir nun mit dieser Erkenntnis?
Nun, diesen einfachen aber wirkungsvollen Zusammenhang können Sie sich selbst auch zunutze machen. Sie geben Ihrem Team nur die Richtung vor und zwingen es dazu, selber Lösungen zu entwickeln, um ans Ziel zu kommen. Sie erzwingen sozusagen das Aha-Erlebnis.
Solange das halbwegs in die richtige Richtung geht, lassen Sie Ihr Team machen. Die Ergebnisse, die Sie bald schon sehen werden, werden Sie … nun ja, sie werden Sie nicht unbedingt vom Stuhl reißen. Und dann? Dann heben Sie jeden Fortschritt positiv hervor und motivieren Ihr Team, weiter in die Richtung zu gehen. Denken Sie daran: Ihr Team lernt Laufen und Sie helfen ihm dabei. Wenn Sie das konsequent machen, werden Sie staunen, wie schnell das Team dann doch vorankommt.
Es fällt Führungskräften in aller Regel sehr schwer, sich so zurückzuhalten. Aber auf Dauer ist das wesentlich effektiver als jeden Schritt vorzugeben.
Wenn Sie es schaffen, Ihre Mitarbeiter auf diese Weise emotional zu packen, haben Sie einen unglaublich leistungsstarken Motivationsmotor. Und der bringt wesentlich bessere Ergebnisse als kurzfristiger Druck. Ich verspreche Ihnen: Sie werden Ihr ureigenes Aha-Erlebnis als Führungskraft bekommen.
Probieren Sie es aus.
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